
AW: Gemeinfreie Texte - wie eng sind sie ausgelegt?

Zitat von
Nachfrager
Die Grundregeln zur Beurteilung gemeinfreier Texte sind mir bekannt: der Autor starb vor mindestens 70 Jahren oder erklärte persönlich den Text für gemeinfrei.
Der Urheber kann ein Werk nicht für "gemeinfrei" erklären. "Gemeinfrei" wird ein Werk ausschließlich dadurch, daß das Urheberrecht abgelaufen ist.
Der Urheber kann ein Nutzungsrecht für jedermann einräumen, in dem Umfang, wie er das tun möchte; allerdings gibt ihm das UrhG bestimmte Rechte, auf die er nicht wirksam im Voraus verzichten kann (z.B. §32a UrhG - "Honorarnachschlag"; §42 UrhG - "Rückruf wegen gewandelter Überzeugung" u.a.).
Insofern ist das Werk selbst unter einer "GPL" etc.pp. alles andere als "gemeinfrei". Der grundsätzliche urheberrechtliche Schutz besteht nämlich weiter, auch wenn für jedermann ein unentgeltliches Nutzungsrecht eingeräumt wird.
1. Wenn von einem Autorenehepaar ein Partner stirbt, und der Überlebende sowie der einzige Nachkomme einen Text für gemeinfrei erklären, ist er es dann auch juristisch?
Siehe oben.
2. Ein fremdsprachlicher Text, nicht gemeinfrei, wird von einem Übersetzer ins Deutsche gebracht und für gemeinfrei erklärt. Ist dieser deutsche Text es wirklich?
Siehe oben.
Ein urheberrechtlich geschützter Text darf grundsätzlich nur mit Erlaubnis des Urhebers/Rechteinhabers übersetzt werden, wenn die Übersetzung verbreitet oder veröffentlicht werden soll. (Eine Übersetzung ist eine Bearbeitung im Sinne von §23 UrhG.)
An der Übersetzung entsteht ein neues, eigenes Urheberrecht des Übersetzers, allerdings ändert das nichts daran, daß diese nur soweit genutzt, verbreitet, veröffentlicht werden darf, wie der Urheber des Originals es zuvor erlaubt hat. (Will sagen: der Urheber des Originals kann die Erlaubnis zur Übersetzung mit beliebigen Einschränkungen versehen. Für's "stille Kämmerlein" übersetzen darf man natürlich immer, verbreiten, veröffentlichen, senden, öffentlich vortragen usw. aber nur, wenn man die Erlaubnis des Urhebers des Originalwerkes hat.)
Was ich schreibe, ist nicht als "Rechtsberatung im Einzelfall" zu verstehen.